Freitag, 21. Dezember 2007

Single-Kritik des Jahres


Aus der Rubrik: Musik und Literatur.

P!nk: Dear Mr. President

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Single-Informationen

Erscheinungsjahr: 2007
Künstler: P!nk
Single-Titel: "Dear Mr. President"
Record-Company: LaFace Records LLC. (Sony BMG)
Album: "I'm not dead"

Versionen und Inhalt:

"Dear Mr. President/ Basic"

1. "Dear Mr. President featuring Indigo Girls" (P!nk/B. Mann)
2. "Dear Mr. President - Live from Wembley Arena" (P!nk/B. Mann)

"Dear Mr. President/ Premium"

1. "Dear Mr. President featuring Indigo Girls" (P!nk/ B. Mann)
2. "Dear Mr. President - Live from Wembley Arena" (P!nk/ B. Mann)
3. "Leave Me Alone (I'm Lonely) - Main" (P!nk/ B. Walker)
4. "Who Knew - Live from Wembley Arena" (P!nk/ M. Martin/ L. Gottwald)
5. "Dear Mr. President - Live from Wembley Arena - Video" (P!nk/ B. Mann)
6. "Trailer - Live from Wembley Arena - Video"

Kritik

Im Jahre 2000 veröffentlichte P!nk ihr erstes Album "Can't Take Me Home". Erfolgreich und sehr R&B.

Doch irgendwie, war das nicht das, was sich die Künstlerin selbst vorgestellt hatte. Als Ende 2001 der zweite Wurf kam, musste man bemerken das sich vieles verändert hatte.

P!nk hatte sich gelöst von den Fesseln des Mainstream-R&B. Ihre Erfahrungen hatte sie im Lied "Don't let me get me" niedergeschrieben: "LA told me, you'll be a popstar, all you have to change, is everything you are."

Zudem war P!nk davon abgekommen, ausschließlich über Liebe und Verlust zu schreiben. In "My Vietnam" und "Family Portrait" verarbeitete sie die Scheidung ihrer Eltern und wird im erstgenannten auch schon mal Gesellschaftskritisch, wenn sie den Militäreinsatz ihres Vaters in Vietnam unterbewusst für die Trennung von Vater und Mutter mitverantwortlich macht.

Gesellshaftskritisch wurde sie zudem in "Gone to California" in welchem sie klar aufzeigt, dass nicht alles Gold ist was glänzt. Mit "Misery" hatte sie auf diesem Album ein Duett mit Sänger und Songwriter einer der größten Rockbands der Welt aufgenommen: Steven Tyler von Aerosmith. An der Gitarre Richie Sambora von Bon Jovi. Der Absprung vom R'n'B Girl zur ernstzunehmenden Künstlerin war geglückt.

Ende 2003 erschien "Try This". Wieder erfolgreich, wenn auch inhaltlich nicht an den Vorgänger herankommend.

In den nächsten Jahren wurde es still um P!nk, bis im Jahre 2006 "I'm Not Dead" erschien: das bisher erfolgreichste Album.

Schon mit der ersten Single "Stupid Girls" hatte P!nk Kritik geübt. Kritik an Modepüppchen ala Paris Hilton oder Victoria Beckham.

In der nachfolgenden Single "Who Knew" schrieb sie über einen verstorbenen Freund. Grund des Todes: Drogen. Ein Thema das P!nk nie losgelassen hat, unter anderem aus eigenen Erfahrungen und so traumatischen Erlebnissen, wie der hier verarbeitete Tod.

In "U + Ur Hand" hatte P!nk übereifrigen Machos den Kampf angesagt, während sie in "Nobody Knows" sehr persönlich wurde und ihre sanfte, verletzliche Seite zum Vorschein kam.

Alles in allem 4 Singles die erfolgreich in den internationalen Charts waren (in diesem Jahr kamen zudem noch "Leave Me Alone (I'm Lonely)" und "Cuz I Can" als Single-Veröffentlichungen heraus, jedoch ausschließlich in Australien und Ozeanien bzw. "Leave Me Alone (I'm Lonely)" zusätzlich noch in Großbritannien). Mehr als viele Künstler mit einem Album hinbekommen.

Doch P!nk war noch nicht fertig. "Dear Mr. President" kam heraus, wenn auch nicht in den USA, wo die Veröffentlichung von Anfang an geblockt wurde und wo sich einige Radiosender bis heute scheuen und weigern den Song zu spielen.

"Dear Mr. President" war als Single sehr erfolgreich und dies hat seinen Grund: die Melodie ist wohl durchdacht, man sah auch davon ab eine Überproduktion einzuleiten, wie es bei Balladen nicht unüblich ist.

Letztendlich lebt das Lied von einer Akustikgitarre, P!nks Gesang und dem Backgroundvocals der Indigo Girls (einem Folk-Rock-Duo).

Minimal produziert aber so wirksam wie seit langem kein Song mehr.

Zugegeben, dass was in Amerika zu wenig gespielt wurde, wurde hier von einigen Radiosendern zu oft gespielt. Dennoch der Zauber ist geblieben.

Doch, was noch wichtiger ist, als eine gute Melodie, einem guten Gesang und einer guten Produktion des Ganzen, ist die Aussage, der Hintergrund eines Liedes.

Es ist ein Abrechnung. Eine Abrechnung mit dem Irak Krieg, aber vor allem eine Abrechnung mit George W. Bush.

Eigentlich geht der Song noch recht nett los: "Dear Mr. President, come take a walk with me".

Doch bevor man überlegen kann, was wohl der Präsident sagen könnte, kommt schon die Textzeile, die anzeigt, in welche Richtung es geht: "Let's pretend, we're just two people and you're not better than me".

P!nk stellt sich gekonnt auf Augenhöhe mit George W. Bush. Klar: er ist der Präsident, er ist das Staatsoberhaupt aber am Ende des Tages, ist er nur ein Mensch wie jeder Andere auch.

Im weiteren Song geht P!nk sehr kritisch mit der bisherigen Regierungszeit von George W. Bush um, indem sie ihn fragt, was er eigentlich von den vielen Obdachlosen auf den Straßen hält, oder wie er sagen kann, dass kein Kind zurückgelassen wird, wo man doch genau sehen kann, dass dies nicht der Fall ist.

Beide angesprochen Punkte beziehen sich expilzit auf die Regierungszeit von George W. Bush, genau wie sein Versuch, gleichgeschlechtliche Liebe nicht gleichzustellen und Frauen die Emanzipation nicht einfach gewähren zu lassen, was P!nk mit den Textzeilen: "What kind of father would take his own daughter's rights away? And what kind of father might hate his own daughter if she were gay?" anprangert.

Mit keiner Silbe wird in diesem Lied George W. Bush persönlich angesprochen, wohl aber wird durch den Text klar, wer gemeint ist.

So werden neben den politischen Entscheidungen und Äußerungen des Präsidenten auch private Dinge mitgeteilt, die nocheinmal ganz klar zeigen um welchen Präsidenten es hier eigentlich geht, so singt P!nk: "I can only imagine what the first lady has to say, you've come a long way, from whiskey and cocaine!"

Die Anspielungen auf den Irak Krieg sind natürlich ebenfalls vorhanden, wenn P!nk den Präsidenten fragt, ob er Nachts noch ruhig schlafen kann, wenn der Rest des Landes weint und eine Mutter keine Möglichkeit mehr hat um auf Wiedersehen zu sagen - immerhin starben seit 2003 mehrere tausend (!) Soldaten im Irak.

P!nk geht einen Schritt weiter und wirft dem Präsidenten vor, er wüsste gar nicht was harte Arbeit sei - ein Seitenhieb auf das marode amerikanische Sozialsystem.

Alles in allem ist dies einer der stärksten, authentischten und ehrlichsten Politik-kritischen Songs der letzten Jahre, natürlich auch Irak-kritisch.

Viele kritische Songs gibt es dazu, aber keiner, der so stark durch die Medien hallte.

Und natürlich muss sich P!nk gefallen lassen, dann als "Heuchlerin" von Einigen angesehen zu werden, jedoch hält diese Erklärung einem Blick allein in P!nks Vita nicht Stand.

P!nk ist Pazifistin, denn ihr Vater war Vietnam-Veteran. Einer der Gründe, warum die Ehe ihrer Eltern in die Brüche ging.

Das bedeutete nicht nur Schmerz, Frustration und Perspektivlosigkeit, sondern auch den Abfall im sozialen System.

P!nk hat als Kind und Jugendlicher vieler der Traumata durchgemacht über die sie hier singt und die sie hier anprangert.

Fazit ist ein starker Song, ein ehrlicher Song und Worte die um so besser sind, da sie von einer Amerikanerin kommen. Zeigen sie den vielen Deutschen, die sich mittlerweile als Anti-Amerikaner sehen doch, dass nicht jeder Amerikaner ein Anhänger von Bushs Politik ist!

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